Ein Büblein tappte von der Schule nach
Hause. Es hatte ein großes Stück Brot in der Hand, davon
hatte es kaum die Hälfte gegessen. Nun hatte das Büblein
genug und mochte das Brot nicht mehr. Auf einmal warf es
das Brot in eine Ecke und wollte davonlaufen.
Aber es stand ein kleines, graues Männlein
da und zeigte mit dem Finger auf das Brot, als ob es sagen
wollte: Heb doch das Brot wieder auf! Das Büblein hob das
Brot nicht auf; es wandte sich ab von dem Männlein und lief
davon. Als es um die Ecke sprang, warf es noch einen Blick
zurück. Da sah es, wie das Männlein sich niederbückte über
das Brot. Am Abend, als das Kind ins Bett gegangen war,
stand plötzlich das Männlein vor ihm da und hatte das Brotstück
in der Hand. Es sagte aber wieder kein Wort, sondern legte
nur das Brot auf die Bettdecke. Und siehe da, das Brot fing
an zu wachsen und wurde lang und breit und wuchs, bis es
ein Acker war. Und über den Acker gingen zwei Pferde. Die
zogen einen Pflug. Hinterm Pfluge ging der Bauer. Und der
Bauer pflügte auf das Büblein zu. Als er bei ihm angekommen
war, sprach er: "Heda, du kannst das Brot wegwerfen ---
kannst du auch ackern? Da nimm den Pflug in die Hand!" Da
mußte das Büblein den Pflug ergreifen und durch den Acker
führen. Aber der Pflug war schwer. Die Gäule zerrten und
wollten ihn aus der Furche reißen. Das Büblein hob und drängte,
daß ihm der Schweiß ausbrach, und als es eine Furche gezogen
hatte, da konnte es nicht mehr und fiel vor Müdigkeit zu
Boden.
Aber da stand das graue Männlein schon
vor ihm und sprach: "Steh auf! Nimm das Sätuch und säe!"
Da band es ihm das Sätuch um; das war von Körnern schwer.
Und das Büblein schritt durch den Acker hin und säte. Der
Acker aber war lang; er hatte schier kein Ende. Das Büblein
schwang den Arm und warf die Körner aus; aber bald war es
so müde, daß es den Arm nicht mehr erheben konnte. "Weiter,
weiter!" rief das Männlein und schob und stieß den Buben
vorwärts, bis er ganz matt am Ackerrande ankam und niederfiel.
Neben ihm aber stand schon wieder der
Bauer mit den Gäulen. Die hatte er vor die Egge gespannt.
Und er sprach: "Kannst du das Brot wegwerfen, so kannst
du wohl auch eggen. Faß an!" Er gab dem Büblein das Leitseil
und es mußte wieder über den Acker ziehen und eggen. "Ach!"
seufzte es, "nun wird die Arbeit doch zu Ende sein, mir
zittern Hände und Füße!" Da stand wieder das Männlein da
und sagte: "Ein wenig Rast ist dir gegönnt. Leg dich hin
und schlafe!" Es träumte ihm, daß aus dem Acker eine Saat
hervorwüchse wie junges, grünes Gras. Und die Ähren wurden
groß und gelb und senkten ihre Häupter tief herab. "Auf!"
rief das Männlein zornig, "du verschläfst die Zeit der Ernte!"
Und schon trat der Bauer mit der Sense aus dem Korn und
murrte: "Schneiden! Schneiden!"
O wie brannte die Sonne, wie glühte die
Luft! Wie hart schlug die Sense in die starren Halme! Wie
schwer wurde sie, mit jedem Schwunge immer noch schwerer.
Aber das Männlein stand wieder neben ihm da mit einem Bündel
Strohbänder. "Garben binden!" Kaum waren die Garben gebunden,
so mußte es sie zu Mandeln zusammenstellen und gleich kam
der Bauer mit dem Wagen und schrie: "Aufladen!" Das Männlein
deutete nach dem Himmel. "Siehst du," sprach es, "wie schwarz
es da heraufsteigt? Vorwärts, vorwärts! Das Wetter kommt!"
Und schon fuhren die Blitze herab und der Donner rollte
über den Himmel. Und da ging ein Schaffen und Aufladen,
und im Scheine der Blitze rasselte der hochgetürmte Wagen
in die Scheune. Dort wurde gleich gedroschen und es half
dem Bübchen kein Jammern und Sträuben. Dan ging's zum Müller
und das Männlein stand immer dabei und sagte: "Helft ihm
nicht, dem Büblein, es kann alles selber tun!" Und das Männlein
wurde immer zorniger, je mehr das Büblein seufzte und klagte
und stieß es dann an den Backofen. In der HItze des Backofens
fing das Büblein zu schwitzen an und war endlich mit seiner
Kraft zu Ende. "O ich bin krank," jammerte das Büblein.
Das Männlein aber hatte das Stück Brot
in der Hand und sagte: "Iß!" Das Büblein nahm das trockene
Stück Brot, biß hinein und eine Kraft ging vom Brote aus,
daß es sogleich gesund war.
|